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Stimmen im Kopf

In einer Schule liegen die Prüfungslösungen auf dem Schreibtisch der Lehrerin – und du bist allein im Klassenzimmer. Was machst du?

Du hörst eine Stimme im Kopf:

Okay, mir bleibt keine andere Wahl, ich muss es tun!

Nein, bist du ganz dicht?

Ja, bin ich! Deshalb platzt mein Kopf gleich – weil ich an zu viel denken muss!

Wenn du das machst, dann kannst du dein gutes Gewissen vergessen.

Aber ich kann doch nur so bekommen, was ich möchte. Nur ein kurzer Blick…

Dieser eine Blick wird dich umbringen!

Ja, das bekommst du wahrscheinlich schon vorher hin, du dummer Streber!

Hör auf mich! Ich habe immer Recht.

Und wer ist es, der immer weiß, was zu tun ist?

Du nicht!

Ich mach das jetzt. Ich bin mir ja nur unsicher, ob ich das richtige Ergebnis raus habe.

Wenn du meinst… Dann mach es halt, du Lösungsdieb!

Nein, eigentlich bin ich das nicht. Mein Ergebnis ist doch richtig, ich gebe jetzt ab.

2.

Vor dem Auftritt erlebt die Tänzerin zwei Stimmen im Kopf:

Komm schon! Du schaffst das. Du hast diesen Tanz so oft getanzt.

Ja. Ich schaffe das. Ich schaffe es.

Es ist nur ein Schritt, dann wird dein Traum als erste Soloistin wahr. Gestern bei der Generalprobe hast du keine Fehler gemacht.

Aber du weißt, was man sagt, wenn die Generalprobe schlecht läuft, wird der Auftritt besser – und umgekehrt auch!

Rede nicht so einen Quatsch. Du bist wunderschön, und dich hält nichts davon ab, berühmt zu werden und deinen Traum zu erfüllen…

Ähm… doch! Ich halte dich davon ab! Außerdem… dieser Sprung, bei dem du dir den Knöchel verstaucht hattest… Das kann schnell wieder passieren und dann stehst du – oder eher liegst – auf der Bühne und bist ein Haufen Schande. Du wirst es nicht schaffen.

Doch wirst du. Hör nicht auf den. Du hast diesen Sprung tausend Mal gemacht.

Könnte ihr euch mal einigen?

Ja, geht raus.

Nein! Hör auf das, was ich gesagt habe.

Ich schaffe das…

Nein, tust du nicht.

Los! Die Musik fängt an…

Okay… Auf geht’s…!

 

3.

„Raubtieren“

Ich starre auf das Blatt vor mir, und mein Gehirn verlernt zu lesen. Das Einzige, was ich höre, ist das ständige, tiefe Durchatmen.

„Es wird wohl doch wohl nicht so schwer sein!“, sagt eine Stimme in meinem Kopf. Sie erinnert mich fast an die Stimme meines Vaters, tief und rauchig.

Doch dann ertönt eine zweite Stimme, die die meines Vaters vertreibt: „Weißt du noch letztens an der Kasse? Oder gestern im Bus mit dem Jungen aus deiner Klasse?“

Es ist, als ob sie Benzin auf meine Nerven gegossen hätte und das Sprit anzündet. Das Feuer ist der Film, der sich gleich danach abspielt.

„Ich… ich m-m-möchte… d-das…“ (tief durchatmen) „Ich m-m-möchte d-das hier w-wechseln.“

„Du meinst umtauschen?“

„J-ja, genau.“

Mein Herz pocht mir bis in den Hals. Ich spüre, wie es fast aus meinem Bauch springt, und mir kommt fast das Frühstück hoch. Nur noch eine Person ist vor mir dran.

Ich atme tief durch.

„Atme nochmal durch, wie in der Therapie“, sagt die Stimme deines Vaters.

„Ach, und was bringt das?“, mischt sich die andere Stimme ein. „Wann hat es überhaupt etwas gebracht?“

„Denk doch mal an deine Freundinnen, da hast du damit doch nie Probleme.“

„Aber diese dreißig Leute sind nicht meine Freunde“, stimme ich ihr zu.

„Ich versuche ja nur dir zu helfen.“

„Okay, Schluss jetzt!“, rufe ich zu den Beiden. „Ich bin jetzt dran!“

Jetzt sind alle Augen auf mich gerichtet. In meinem Kopf ist es schwarz. Mir wird am ganzen Körper kalt, doch ich beginne zu schwitzen.

„A-a-auf… auf…“ Die schwarzen Buchstaben auf dem Blatt vor mir verschwimmen. „Auf e…i… auf einmal brachte c…“ Ich traue mich gar nicht meine Augen vom Blatt zu wenden, denn alle um mich herum sind in meinem Kopf zu Raubtieren geworden. Ich war es, die sie geweckt hat. Nun riechen sie Blut und werden mich töten.

Nach einer kurze Wartezeit, in der ich kann Wort herausbekommen, sagt die Lehrerin: „Gut, Finja. Jetzt Lisa, du liest weiter…“

Und die Tränen kullern über meine Wangen.

 

Eine unbequeme Wahrheit

 

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